Wie kommt Projektmanagement in die Organisation?
Projektmanagement in der Nahaufnahme: Welche Antworten hält es für Herausforderungen in Kirche und Sozialwirtschaft bereit? Welche Instrumente sind wirklich nützlich? Wie kommt Projektmanagement in die Organisation?
Zum Thema Projektmanagement bot die diesjährige Erkundungsklausur am 27.September in Berlin nicht nur wie gewohnt Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Netzwerken. Projektmanagement-Interessierte aus Kirche und Sozialwirtschaft nutzen den Tag in dichter Runde, um aus grundlegenden Inputs und Einblicken in die Praxis Antworten auf ihre Fragen und Anregungen für das individuelle Arbeiten mitzunehmen.
Diffuser Projektbegriff
Erste Erfahrung im Austausch: Das Projektverständnis ist weit gefächert. Von der Idee der Verbesserungsmaßnahme über geförderte Maßnahmen sozialer Arbeit bis zur Einführung von Dokumentationssystemen – vieles firmiert unter der Überschrift „Projekt“, wenig davon wird letztlich mit Mitteln des Projektmanagements bearbeitet.
Allen Erfahrungen gemeinsam ist dazu das Gefühl, dass Projekte „oben drauf kommen“ auf das Tagesgeschäft. Passend zu gängigen Definitionen des Projektbegriffs werden Projekte erlebt als Ideen oder Vorgaben, die neben der üblichen Arbeit – eben jenseits der Linie – geschafft werden sollen. Schwierig nur, wenn außerhalb des Spielfelds wenig Raum für die Bewerkstelligung des Vorhabens bleibt, wenn in Ermangelung einer übersichtlichen Planung weder Zeit noch Mittel klar verteilt sind. So muss die nötige Zeit für die Erledigung irgendwie gefunden werden. Solcherart unklare Vorhaben und Prioritäten kosten Energie und führen einzelne Mitarbeiter an die Grenzen der Belastbarkeit.
Ein gemeinsames Verständnis von Projektmanagement in der Organisation sowie im Idealfall die Steuerung aller Projekte über ein Multiprojektmanagement trägt demgegenüber dazu bei, Prioritäten zu setzen und wohlüberlegt zwischen Machen und Lassen zu entscheiden. Planungsschritte im Projektmanagement verdeutlichen, welcher Aufwand wirklich in einem Vorhaben steckt und ob es tatsächlich von denen, die „eh da“ sind, quasi nebenbei erledigt werden kann. Und die organisationsweite Nutzung einer einheitlichen Methodik sorgt dafür, dass Routinen für den Umgang mit außergewöhnlichen Aufgaben entstehen können.
Antworten auf Herausforderungen in Kirche und Sozialwirtschaft
Projektmanagement als Managementmethode ist mehr als eine Toolbox, wenn es bewusst und gewollt eingeführt wird. Es hilft bei der Organisation von Wandel und beschleunigt die Arbeit im spürbarer werdenden Wettbewerb. Es dient als gemeinsame Spracheregelung in Netzwerken und verbandlicher Arbeit und ist nicht zuletzt Mittel zur geschickten Ressourcenplanung angesichts eines drohenden Fachkräftemangels. Projektmanagement hilft, gänzlich neue und komplexe Aufgaben zu bewältigen, es unterstützt interdisziplinäres Arbeiten und ist eine Option, wo die bisherige Arbeitsorganisation versagt.
Bewusst von der obersten Leitungsebene eingeführt liefert es ein Organisationsverständnis, das Antworten für die unterschiedlichsten Herausforderungen bereithält.
Projektmanagement bringt Veränderung in sozialwirtschaftliche und kirchliche Kulturen
Als Mittel, den Wandel zu organisieren, ist seine Einführung selbst ein Veränderungsprozess, der Organisationen eine Menge abverlangt.
Insbesondere das Führungsverständnis wird auf die Probe gestellt. Hierarchien werden zeitweise außer Kraft gesetzt, geführt wird ohne disziplinarische Macht, Delegation ist ein Grundprinzip, Verständigung und Entscheidung im Rahmen der vereinbarten Kompetenzen sind unerlässlich für den Erfolg.
Nicht immer passt das zur gängigen Praxis kirchlicher oder sozialer Organisationen. Projektmanagement verlangt nicht nur, strukturell jenseits der Linie zu agieren, sondern auch gedanklich Linien und Grenzen zu überschreiten. Herausfordernd ist es, Klärungs- und Definitionsprozesse auf dem Weg zum gemeinsamen Zielbild lebendig zu gestalten.
Projektmanagementmethoden und Planungsdokumente wie das Auftragsformular, der Projektstrukturplan oder der Terminplan aber visualisieren die gedanklichen Vorgänge und unterstützen als Gesprächsanlass den Austausch.
Projektmanagementmethoden –viel hilft nicht unbedingt viel
Angesichts zahlreicher Methoden im Koffer ist die Versuchung groß, es mit der Planung und Dokumentation zu übertreiben. Eine gemeinsame Einsicht: Weniger ist mehr, soviel wie nötig, so wenig wie möglich die Devise.
Es gilt, pragmatisch vorzugehen: Komplexität soll bewältigt werden. Dementsprechend sollte ausgewählt werden, was in der konkreten Situation am besten ist. In der Regel ist es das, was Klarheit schafft, gemeinsame Sichtweisen dokumentiert, Übersicht bietet und als Gedankenstütze dient. Das lässt sich meist auf wenige Dokumente reduzieren. Absolutes Muss (und leider oft nicht vorhanden): Der saubere Projektauftrag. Was ist der zeitliche Rahmen, was sind Ziele und zentrale Aufgaben? Was ist hier nicht zu tun? Wer sind Auftraggeber und Projektleiter, wer arbeitet mit? Der Projektstrukturplan liefert den besten Überblick über die Arbeitsphasen, einzelne Arbeitsschritte und ihre Termine, ggf. – je nach Art der Darstellung – auch über terminliche Abhängigkeiten. Der Terminplan verschafft den Überblick über den zeitlichen Rahmen. Die Stakeholderanalyse schließlich leistet gute Dienste, wo das Umfeld, wie etwas in der Verbandsarbeit, vielschichtig ist.
Berücksichtigt werden muss: Letztlich leben alle Methoden vom Austausch. Insofern ist Projektmanagement nichts Technisches, kein bloßes Ausfüllen von Excel-Dateien. Projektmanagement lebt von Gesprächen, Klärungen, Abstimmung und Entscheidungen. Methoden und Dokumente liefern dafür die Grundlage.
Projektmanagement für den ganz persönlichen Bedarf
Angesichts solcher Anforderungen, drohender Umwälzungen und Qualizierungsaufwände wird Projektmanagement als Methode häufig nicht eingeführt.
- Doch auch ohne den großen gemeinsamen Wurf kann man sich einzelne Methoden im individuellen Arbeiten zu Nutze machen. Die Botschaften des Projektmanagements sind u.a.: Kläre sorgfältig, was Dein Auftrag ist und was von Dir erwartet wird.
- Prüfe, unter welchen Bedingungen Du den Auftrag erledigen kannst.
- Finde heraus, was Du benötigst, um die Aufgabe zu lösen und wer dabei Unterstützung leisten kann.
- Strukturiere Deine Arbeit in überschaubare Pakete.
Das gilt letztlich für alle Aufgaben, ob sie als Projekt betitelt sind oder nicht.
Die Planungsmethoden des Projektmanagements helfen, die richtigen Fragen zu stellen und Aufträge zu klären.
Selbst wenn die organisationsweite Einführung (noch) fehlt: Erfahrungsgemäß ist das unmittelbare Umfeld dankbar für Initiativen, die Klarheit schaffen und die Entscheidungsfindung fördern. An ihre Grenzen stößt die „individuelle Nutzung“ dort, wo Entscheidungsbefugnisse, Rollen und Verantwortlichkeiten ungeklärt bleiben. Aber nochmals: Die Methodik unterstützt das Erfragen von Informationen, das Einfordern von Entscheidungen, das verdeutlichen von Abhängigkeiten und kann als „Einführung von unten“ Leitungsentscheidungen beeinflussen.
Christiane Baer unterstützt Sie in Ihren Projekten und den damit einher gehenden kulturellen Herausforderungen. Zum Beispiel mit dem Praxistag Projektmanagement, der Starthilfe in Projekten oder Angeboten zum Veränderungsmanagement.